Mittwoch, 17. Juli 2019

Meine persönliche CO2-Bilanz

Halbwegs Erfreuliches gibt es heute zu berichten von meiner persönlichen Kohlendioxid-Bilanz. 
Zur Erklärung vorab: Ideal bzw. notwendig für des Menschen Lunge und somit fürs Atmen ist eine bestimmte CO2-Menge in der Lunge. Hat man zu wenig davon, kann Hyperventilation eine Folge sein. Als Beispiel hierfür, nannte man mir immer die bis zur Ohnmacht kreischenden Girlies bei einem Backstreet Boys-Konzert.
So wie von mir hier beschrieben geht es einem dagegen, wenn zu viel CO2 angereichert wird, die sogenannte Hypoventilation. Grund kann unter anderem eine Schwäche der Atemmuskulatur sein. Womit ich auch schon wieder bei mir bin.
Um meinen CO2-Anteil in die richtigen Bahnen zu lenken, ist die Astral 150 seit 4 Jahren mein unverzichtbarer und treuer Begleiter, folgt mir über den Beatmungsschlauch wie ein Hund an der Leine. Die Maschine übernimmt den Teil der Arbeit, den mein Körper alleine nicht mehr zu leisten vermag. Mit korrekt eingestellten Drücken passt dann auch das CO2.
Die Einstellungen wurden erstmals während meinem Krankenhausaufenthalt im Juli/August 2015 festgelegt, wobei die Grundlage hierfür immer die Ergebnisse der Blutgasanalyse BGA sind. In der Folgezeit erschien ich alle 3 bis 4 Monate in der Uniklinik Freiburg, um die Einstellungen überprüfen zu lassen.  Erstmals für 3 Nächte, zwei Mal für 2 Nächte, danach immer nur noch für eine Nacht. Anfänglich konnten die Drücke dabei sogar zwei mal reduziert werden, weil die Maschine zu viel des Guten tat und mir das Schicksal der Backstreet Boys-Kreischer drohte.
Überlege grade, für wen die Girlies in den Achtzigern gekreischt haben könnten? Wham? Duran Duran? Kajagoogoo? Wer weiß es noch? Lang ist's her. 
Egal, auf jeden Fall sind meine eingestellten Drücke seit etwa dreieinhalb Jahren konstant geblieben.  Erfreulich. Nicht zuletzt deshalb verlängerten wir beim letzten planmäßigen Krankenhausaufenthalt 2017 den Rhythmus eigenmächtig auf alle sechs Monate. 
Patrick Swayze und Dirty Dancing fallen mir jetzt grade noch ein.
Niemand geht gerne ins Krankenhaus. Auch wenn man zwischenzeitlich namentlich vom Stammpersonal und wirklich herzlich begrüßt wird. Aber was so ein Aufenthalt für uns immer bedeutete, will ich hier mal beschreiben.
Angefangen bei der Terminsuche Monate vorher: Wann hat Martina Zeit, hat vor allem Lucia, meine Schwester frei? Überweisung besorgen, Krankentransport organisieren im unmittelbaren Vorfeld.  Dann alles einpacken was ich so alles an Geräten habe: 2 x Beatmungsgerät plus Befeuchter, Husten-Assistent plus Zubehör. Muss alles mit. Medikamente nicht vergessen, Tragetuch für den Transfer mit dem Lifter, zuletzt hatten wir auch mein Essen dabei. Und das übliche noch, wenn ein kranker Mann "eine Reise tut". Summa summarum zwei Reisetaschen plus Rollstuhl. Für eine Nacht.
In der Regel holte mich der Krankentransport am Vormittag ab und Martina folgte mit dem ganzen Gerödel und checkte mich ein. Nachmittags war Lucia dann zur Stelle und blieb bis zum Abend. Am nächsten Morgen kam Martina wieder und wir warteten auf den Krankentransport heim bzw. sie brachte den E-Rolli mit und war selbst der Krankentransport.
Daheim angekommen, musste alles wieder verräumt werden. Und weil keiner gerne "Krankenhaus", in welcher Form auch immer, daheim hat, wusch Martina alles und reinigte penibel die Geräte und das sonstige Mitgenommene. Was für eine Arbeit!
2015 und 2016 konnte ich meine Hände noch nutzen zum Essen, telefonieren, Bett steuern, nach der Pflege rufen. Doch von Mal zu Mal wurde das immer weniger, genau so, wie im Gegenzug der Hilfebedarf immer größer wurde. Und spezieller. So speziell, dass im Laufe der Jahre die Pflege im Krankenhaus praktisch komplett von meiner Schwester übernommen wurde. Pflegepersonal und Patient hatten die letzten paar Male außer bei der Aufnahme keine Berührungspunkte mehr. Dafür übernachtete Lucia sogar bei mir im Zimmer, so dass meine Privatbetreuung rund um die Uhr gesichert war. Was für ein Aufwand!
Das Entscheidende aber: Wofür diese Arbeit, dieser Aufwand? Klar, die Einstellungen des Beatmungsgerätes mussten kontrolliert werden. Aber dafür waren keine ausführlichen Untersuchungen notwendig, die viel Zeit, Fachpersonal und Spezialequipment gebraucht hätten. Nein, lediglich 3 BGA wurden durchgeführt, eine am Nachmittag und zwei in der Nacht. 3 mal das Ohrläppchen "heiß" machen, stechen und ein Tropfen Blut entnehmen. Und 3 mal auswerten lassen. Im Normalfall waren das 3 mal 5, maximal 10 Minuten Zeitaufwand für einen Pfleger bzw. den Beatmungstherapeuten! Die übrige Zeit war Lucia mit mir an der frischen Luft oder ich zählte  zusammen mit der Zimmeruhr die Sekunden, bis ich wieder heim durfte.
Schon länger reifte in uns der Entschluss, eine Alternative zu suchen zum inzwischen höchst ungeliebten Krankenhausaufenthalt. Die Schwierigkeit war am Ende dann immer das BGA-Gerät, das wohl nicht zur Grundausstattung von Ärzten gehört. Es tat sich uns einfach keine Möglichkeit auf, wie wir an so ein Gerät rankommen könnten.
Umso erfreuter nahmen wir zur Kenntnis, dass meine Pflegedienst CASA sowohl ein mobiles BGA-Gerät besitzt als auch entsprechend geschultes Personal in seinen Reihen hat.

Erfreulich: Seit vergangenem Oktober war ich nicht mehr in der Uniklinik!
Erfreulich: Seit Januar hat CASA drei Serien BGA durchgeführt! Zuhause!
Sehr erfreulich: Die Werte sind weiter konstant und annähernd so, wie sie sein sollen, die Einstellungen passen weiterhin!
Erfreulich: Stand heute ist ein Krankenhausaufenthalt erst einmal nicht notwendig!

So viel Erfreuliches, ich höre jetzt lieber auf, bevor ich zu kreischen anfange und am Ende noch hyperventiliere....😊


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