Donnerstag, 4. Juli 2019

Was Uli Hoeneß kann...

Es gab eine Zeit, weit vor gemeinsamem Fototermin und Bayernschalschenkung, da sah ich mich schon als legitimen Nachfolger von Uli Hoeneß bei Brot und Wasser eine deftige Haftstrafe absitzen, so wie ich den Staat betrogen hatte. Ich Gauner.


Als die folgende Geschichte im Sommer 2017 aktuell war, überlegten wir ernsthaft, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Wir hatten einen Fehler gemacht, unbestritten. Aber muss eine Behörde dann gleich so mit der vollen Härte des Rechtsstaates drohen, wie das bei uns der Fall war? Als ob wir nicht schon genug "Scheiß" an der Backe hätten? 

Von vorne. [Anmerkung: Den Text habe ich teilweise schon im September 2017 geschrieben, er war kurzzeitig für die Öffentlichkeit gedacht.]
Seit dem 08.Juli 2015 war ich krank geschrieben. An eine Fortsetzung meiner regulären Tätigkeit war aufgrund des sich stetig verschlechternden Gesundheitszustandes nicht mehr zu denken. Als sich das Ende der Krankengeld-Phase nach 78 Wochen am 3. Januar 2017 abzeichnete und eine Berentung nicht mehr zu vermeiden war, legte man mir nahe, mich bei der Arbeitsagentur arbeitslos zu melden, um für die zu überbrückende Zeit bis zur endgültigen Berentung auch krankenversichert zu sein.
Parallel dazu bekam ich von meinem bisherigen Arbeitgeber die Möglichkeit, von zuhause aus kleine Aufgaben im Rahmen einer 4- bis 5-stündigen wöchentlichen Arbeitszeit zu bearbeiten („450 Euro-Job“). Ich kann zwar die Hände zum Schreiben nicht mehr nutzen, dank PC mit Bildschirmtastatur und Internet ist so eine geringfügige Beschäftigung aber trotzdem möglich. Vor allem wegen der Abwechslung durch eine sinnvolle Tätigkeit war und bin ich froh, diese Arbeit zu haben.
Nun ist es so, dass wenn man krank ist in Deutschland, man nicht schon alleine nur durchs Kranksein gestraft ist, nein, man bekommt überall, wo man sich Unterstützung von öffentlicher Seite oder von der Kranken- oder Pflegekasse erhofft, zusätzlich noch schier unüberwindbare bürokratische Hindernisse aufgebürdet. Damit muss sich vor allem meine Frau seit Jahren auseinandersetzen.
Angefangen bei der medizinischen, therapeutischen oder Hilfsmittelversorgung über Dinge die Pflege und Pflegeversicherung betreffend oder das Krankengeld bis hin zur Berentung hat meine Frau über die Jahre tausende (!) Telefonate geführt, ungezählte Termine daheim und außer Haus wahrgenommen und ordnerweise Schriftverkehr abgewickelt.
Nicht nur, dass das für meine Frau eine ungewohnte Tätigkeit mit viel Einarbeitungsbedarf ist, nein, sie muss alles quasi nebenher erledigen. Immerhin ist sie für mich praktisch rund um die Uhr da, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Zwar erhalten wir aus Familien- und Freundeskreis eine ganz tolle Unterstützung, ohne die es überhaupt nicht ginge. Aber auch hier obliegt die ganze Organisation meiner Frau. Dazu kommt noch der Haushalt sowie Haus und Garten mit allem drum und dran. Und nicht zuletzt haben wir noch 2 Kinder, um die sich aufgrund meiner Krankheit meine Frau sehr viel mehr kümmern muss, als das ohne die ALS ganz sicher der Fall wäre.
Wie weiter oben schon angedeutet, endete das Krankengeld im Januar 2017 und meine Frau meldete mich auf Empfehlung des uns beratenden Sozialverbandes VdK ab der Zeit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos. Alle notwendigen Antragsformulare wurden von meiner Frau angefordert und bearbeitet. In einer Postsendung enthalten war irgendwann einmal auch ein Merkblatt mit dem Hinweis, dass es bei der Arbeitsagentur anzumelden wäre, wenn ich eine Tätigkeit aufnehmen würde. Diesen Hinweis hatten wir schlicht und einfach übersehen, der 450 Euro-Job war nicht gemeldet.
Im Juli wurden wir deswegen aufgefordert, zu viel erhaltene Leistungen zurück zu erstatten. Was wir auch umgehend taten, so dass nach der Überweisung von 495,02 Euro alles erledigt war, alle zufrieden sein konnten. Dachten wir.
Anfang August, unsere Schuld war längst beglichen, kam Post vom zuständigen Hauptzollamt Lörrach, Sitz Freiburg: Wegen des Verdachts des Betrugs würde gegen mich ermittelt werden, siehe auch oben. 
Schockstarre! Was tun? Mit einem einfachen Anruf, so schwebte uns vor, sollte es möglich sein, die Sache schnell zu klären. Mitnichten.


Wieder noch mehr Papierkrieg, wieder noch mehr Arbeit, wieder Energie benötigt, die sehr viel sinnvoller hätte eingesetzt werden können. Es war zum K....
Der Sesselpfurzer beim Zoll hat wahrscheinlich alles richtig im Sinne der Behörde gemacht. Wenn man allerdings jemandem so Knüppel zwischen die Beine wirft, ohne dessen Situation erst einmal zu hinterfragen, ist so ein Vorgehen absolut zu bezweifeln. Ein Telefonat hätte geholfen und die Justiz hätte sich mit wirklich Wichtigem beschäftigen können.
Noch heute rege ich mich auf. Nichts hatte ich mir vorher zu schulden kommen, habe gearbeitet bis es wirklich nicht mehr ging. Seit 2013 wollten Ärzte mich reihenweise krank schreiben, allein ich dachte nicht daran.
Immerhin zeigte der Papierkrieg bald Wirkung:




Voll des Dankes über so viel Großzügigkeit waren wir:



Die Bezahlung der 100 Euro erledigten wir noch im August, den erneuten Papierkrieg ebenfalls, mit der Folge:



Das hätten die einfacher haben können....

Wir haben den ganzen Vorgang - bis heute - dann doch für uns behalten und von den kurzfristig angedachten rechtlichen Gegenmaßnahmen kamen wir noch schneller wieder ab. Schließlich hatten wir auch so schon genug Baustellen.
Überhaupt, nachdem Uli seine Steuerschulden allesamt beglichen hatte, wollte ich nicht Spielverderber sein und die Zahlungsunfähigkeit des Staates riskieren, indem ausgerechnet ich meine horrenden Strafzahlungen verzögerte.
Und: Ist der Knast überhaupt barrierefrei?

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